Sensory Awareness Foundation

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Im Gespräch mit Charlotte Selver Stefan Laeng-Gilliatt

In mehreren Gesprächen mit Charlotte habe ich versucht, die Frage zu ergründen, wie sich ihre Arbeitsweise im Laufe der Jahre entwickelt hat. Das war gar nicht so einfach. Bald wurde deutlich, dass Charlotte kaum an der Entwicklungsgeschichte ihrer Arbeit interessiert ist. Interessant ist für sie, wie wir an etwas herangehen. So kommt sie immer wieder auf Menschen zu sprechen, die in ihrem Verhalten das verkörperten, was durch die Arbeit mit Gindler zu ihrem zentralen Anliegen wurde: dass das Leben nicht mit Methode zu meistern ist, sondern dass es darum geht, mit Bereitschaft zum Entdecken und Lernen sich unvoreingenommen mit dem auseinanderzusetzen, was im Moment akut ist.

In diesem Sinne ist das Folgende keine Abhandlung über die Entwicklung von Charlottes Arbeitsweise, sondern eine – bruchstückhafte – Erzählung über Menschen, die sie beeindruckt haben. Das bemerkenswerteste an unseren Unterhaltungen war wohl, mit welcher Beharrlichkeit Charlotte immer wieder auf Elsa Gindler zu sprechen kam und andere Einflüsse nur bedingt gelten liess. Gindler war und ist für sie die Nabe, um die sich alles dreht, alles andere ist bestenfalls eine Bestätigung von Gindlers Entdeckungen. Charlotte hat oft nicht direkt auf meine Fragen geantwortet, sondern ist durch sie an Menschen oder Situationen erinnert worden, die diese Qualität der Unmittlebarkeit verkörpern, die für sie so zentral ist.

Stefan Laeng-Gilliatt: Wie hat sich, was du von Gindler gelernt hast, zu deinem eigenen Stil entwickelt?

Charlotte Selver: Gindler hat an einem Phänomen gearbeitet und wir haben dann herausgefunden, wie sich das in unserem Leben verwirklichte oder nicht verwirklichte. Das hat sie oft schriftlich verlangt. Aber sie hat nicht etwas unterrichtet. Sie hat keine Stunden gegeben. Sie hat zum Beispiel verboten, dass wir etwas aufschreiben. Wie sich die Arbeit bei jedem entwickelte und was daraus wurde in seinem Leben, das war für sie wichtig. Wir haben darüber gesprochen, wie man sich im Leben verhält zu dem was man tut, zu den Menschen usw.

SLG: Gindler hat aber schon auch Versuche angeboten ähnlich wie du?

CS: Versuche ergaben sich aus Erfahrungen im täglichen Leben. Wir haben etwas erzählt und dann ist uns klar geworden, wie wir uns verhielten. Es waren keine statischen Versuche. Doch immer arbeiteten wir mit diesen Fragen: Wie verhalte ich mich? Wie gehe ich an etwas heran? Was ist nötig? Auch die Frage, wie wir Schwierigkeiten überwinden, wenn sich uns etwas entgegenstellt. Wie wir dem begegnen. Ich würde, was sie lehrte, in keiner Weise als Methode bezeichnen, es war immer ganz im Fluss, nicht bestimmte Übungen. Wir haben oftmals wochenlang an einer Frage geknabbert, bis wir ihr wirklich begegnen konnten. Jede Aufgabe, die sich bot, wie man einem Menschen oder einer Aufgabe begegnet, die wurde dann ausprobiert. Und jeder hatte seine eigene Art, an etwas heranzugehen. Das Grosse bei Gindler war, dass sie sich nicht festsetzte. Alles war immer in Bewegung, wurde klarer oder wurde in Frage gestellt.

Gindler hat Fragen gestellt – oder wir haben etwas entdeckt: “Können sie fühlen wie sie durch die Luft gehen?” Oder: “Was fällt ihnen auf, wenn sie gehen oder wenn sie jetzt stehen bleiben? Was wird ihnen bewusst.” Immer ohne etwas zu lehren. Wir mussten das selber herausfinden. Jeder hat dann sein Erlebnis gehabt, oder gesagt, er habe nichts erlebt, oder es war ungewiss, er ist nicht wirlich über die Hürde gegangen, war nicht bereit. Diese Frage der Bereitschaft war sehr wichtig, bereit werden für etwas. Und dann, wenn man bereit wird für etwas, was dann in einem geschieht, was da sich alles verändert, daran haben wir stundenlang gearbeitet. Jeder in seiner Art. Werde ich wirklich bereit oder bringe ich mich nur so dazu? Was ist das, bereit werden? Wie fühlt sich das an? Das typische an Gindler war, dass sie nicht lehrte, sondern dass sie entdecken liess. Dass jeder seine eigenen Entdeckungen machen muss.

SLG: Als du Gindler getroffen hast, warst du noch in der Ausbildung zur Bode-Gymnastiklehrerin und hast bald darauf zu unterrichten begonnen. Die beiden Arbeitsweisen haben sich ja wohl nicht gut vertragen. Wie hat sich das auf deine Arbeit ausgewirkt?

CS: Ich habe gefunden, dass Bode Gymnastik ganz unnatürlich war und nicht meiner Natur entsprach, dass das etwas Gelehrtes war und nicht etwas Entdecktes. Und so hat sich meine Arbeitsweise nach und nach völlig verändert. Ich war damals ziemlich erfolgreich mit Bode Gymnastik doch als ich anders zu arbeiten begann, habe ich erst mal die meisten Schüler verloren und musste praktisch von Neuem beginnen.

SLG: Hat Bode-Gymnastik irgendwelche Spuren hinterlassen in der Art wie du heute arbeitest? Vielleicht in bestimmten Versuchen, zum Beispiel wenn wir springen oder hüpfen?

CS: Gindler hat ja alles probiert: Wir sind gerannt oder gesprungen, gegangen oder gestanden. Alles was natürlich war – aber nicht als ‘Fach’. All das, was ich gelernt hatte, musste ich aufgeben und ich entdeckte, dass es darauf ankam im Augenblick dem zu begegnen, was gegeben ist.

SLG: Hast du eine neue Art des Arbeitens finden müssen um in Amerika zu arbeiten?

CS: Es gab nicht eine bestimmte Art zu arbeiten. Man musste dem, was gerade im Weg war, begegnen. Eine klare Begegnung wird angestrebt und wenn die nicht geschieht, muss man stunden- und tage- und jahrelang dran bleiben, bis es eine wirkliche Begegnung wird.

Ich weiss noch, wie wir bei Gindler immer rennen mussten. Wir haben viel am Starten gearbeitet, wie man beginnt. Bereitschaft – und was dann alles geschieht in einem oder womit man sich etwas verdirbt. Bei Gindler gab es nie, dass man sich festsetzte auf bestimmte Aufgaben. Man arbeitete an etwas, bis man etwas gefunden hatte oder, wenn es fruchtlos war, bis man es aufgab. Ob man dabei etwas erkannte oder nicht erkannte, das war dann die Frage. Es war alles sehr spontan. Das schöne an Gindler war, dass sie immer die richtigen Fragen gestellt hat.

SLG: Wie hat deine Begegnung mit Zen und Alan Watts deine Arbeit beeinflusst?

CS: Sie hat sich durch die Begegnung mit Watts nicht verändert. Es war nur eine andere Gelegenheit. Es geht ja in unserer Arbeit darum, auf eine Situation so voll wie möglich zu reagieren. Wir haben viele Jahre zusammen gearbeitet. Alan hat einen Vortrag gehalten und ich habe mit den Leuten an den Themen gearbeitet, die dadurch akut wurden. Er wusste nicht, was ich tun würde. Er hat mir oft geschrieben, worüber er sprechen würde und ich habe mir dann angespürt, wie ich das praktisch ausprobieren könnte. Das Schöne bei Alan und mir war, dass er Vertrauen gehabt hat zu mir und ich interessiert war an dem, was er sagte. So hat sich das in eine schöne Zusammenarbeit entwickelt. Ich habe sehr viel gelernt, wie man spontan auf etwas reagiert, wie man ohne viel nachzudenken etwas begegnet.

SLG: Welche anderen Einflüsse gab es denn in deinem Leben. Was war die Rolle von Zen oder von Korzybski?

CS: Ich habe viel gelernt. Es ist viel Verwandtes angeklungen. Aber meine Arbeit ist kein Versuch, sich dem oder jenem anzugleichen. Sie bleibt immer spontan, ist nie eine feststehende Lehre. Durch Zen habe ich viel übers Stillwerden gelernt, über das Nach-innen-horchen und Reagierfähig-werden, dem Unbekannten zu begegnen. Das Wesentliche, was ich gelernt habe, ist, nicht in einer Position zu verharren, sondern immer reagierfähig zu sein. Man sieht das oft bei Kindern, die noch unverdorben sind – und in Zen-Meistern. Suzuki Roshi hat für mich immer wie ein Kind ausgesehen. Er war so offen, so frei und bescheiden. Er hatte keine Rosinen im Kopf. Er war ganz für das da, was im Moment geschah. Da war auch der andere Suzuki, Daisetz, er große Gelehrte. Ich begegnete ihm an einer Konferenz über Zen und Psychoanalyse 1957 in Mexico. Da haben sich all die Teilnehmer vorgestellt mit ihren Titeln, Professor Doktor So-und-So – es nahm kein Ende. Und dann kam dieser kleine, alte Mann, Suzuki, und sagte nur: Ich bin ein Student des Zen.

Bei Korzybski ging es auch wieder um die Frage des Reagierens. Die Erkenntnis, dass wir sozusagen ein sensitives Netzwerk sind, wo alles zusammenhängt und wir immer in unserer Totalität angesprochen sind. Dann ist da auch wieder die Stille, dass wir still werden müssen um aufnahmefähig zu sein. Die Stille hat ja alle Möglichkeiten, sie wendet sich nicht ab. Die Stille hat Reagierfähigkeit in sich, unmittelbare Bereitschaft.

Da war auch eine Begegnung mit Ram Das. Er lebte oberhalb von Esalen. Charles und ich sind dahingegangen und da war ein Mann in einem weissen Gewand, der sass mit geschlossenen Augen da. Und viele stille Gestalten sassen um ihn herum, und vor Ram Das lagen viele Geschenke. Alle hatten ein Geschenk mitgebracht: Rosinen und Mandeln, dieses und jenes. Ab und zu hat er die Augen geöffnet, und da ist eine solch unglaubliche Ruhe von ihnen ausgegangen. Er hat sich dann an eine der Gestalten im Raum gewandt und gefragt: “Was kann ich für dich tun?” Und dann hat sich eine Konversation ergeben. Da erkannte ich plötzlich, dass ich diesem Mann vor Jahren in New York begegnet war, und da war er einer der nervösesten und unruhigsten Geister gewesen, die ich je gesehen hatte. Und als er mich dann angeschaut und gefragt hat, was er für mich tun könnte, sagte ich: “Nichts. Ich brauche nur in ihre Augen zu sehen, das genügt mir.”

SLG: Waren da noch andere Dinge oder Menschen, die sehr wichtig waren für dich?

CS: Ich werde nie vergessen, wie ich mit Erich Fromm gearbeitet habe. Ich ging immer in seine Praxis. Es war sehr eng in seinem Büro. Da war sein Pult, und da war eine Feuerstelle mit Marmor davor und sehr wenig Platz. Einmal bat ich ihn, sich hinzulegen. Ich werde nie vergessen, wie tastend er war, wie er mit der Hand ganz leise die Eisendinge für die Feuerstelle weggeschoben und sich ganz ruhig auf die Marmorplatte hingelegt hat. Später sagte ich zu ihm: “Schüler wie dich möchte ich gerne mehr haben.” Er hat sich sehr darüber gefreut. Ich werde das nie vergessen, jeden andern hätte das gestört: “Oh, wie schrecklich, da ist was im Weg!” Nein, Fromm hat die Geräte ganz sachte weggeschoben und hat sich dann auf die kalte Marmorplatte niedergelegt. Es war schon eine schöne Arbeit mit ihm.

SLG: Da war auch eine Zeit, in der Charles und du sehr an Carlos Castaneda interessiert wart.

CS: Ja, Castaneda. Wir sind oft in die Berge gegangen mit den Schülern und haben dort gesessen. Dann haben wir Szenen aus seinen Büchern gelesen und haben diese dann ausprobiert. Eine war, dass einer sich hinlegte und schlief und dann aufgeweckt wurde. “Wach auf! Wach auf!” Er wollte aber nicht aufwachen. Dann haben die Leute ihn hochgezogen: “Wach auf!” Doch der ist nur wieder hingefallen. Das haben wir alles gespielt, es war sehr aufregend. Wir wollten alles in Wirklichkeit erleben, nicht nur erzählt bekommen. So langsam sind wir dann aber etwas bescheidener geworden.

Das war eine schöne Zeit der Entdeckungen. Ich könnte nicht sagen wie sich das auf meine Arbeit ausgewirkt hat, doch jede neue Entdeckung beeinflusst doch wie man lebt, was man um sich herum hat und was man benutzt und was man gehen lässt. Jedenfalls haben all diese Entdeckungen sehr viel ausgewirkt, wo ich lebte und wie ich lebte und was geschah. Es war nicht nur Elsa Gindler.

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Ausgewähltes Bild von Robert Smith

Neu Sehan von Mary Alice Roche

(Übersetzung von Stefan Laeng-Gilliatt)

I. Neu Sehen

Mit Charlotte Selver arbeiten: Eine persönliche Geschichte

Als Charlotte Selver im Oktober 1938 nach Amerika kam war sie allein und unbekannt. Sie erzählt: “Ich kam mit nichts, nichts ausser dieser Arbeit.” Die ‘Arbeit’ von der sie spricht, wurde von ihren Lehrern in Deutschland entwickelt: von Elsa Gindler, die ursprünglich harmonische Gymnastik unterrichtet hatte und von Heinrich Jacoby, dem innovativen Musiker und Pädagogen. Diese gaben der ‘Arbeit’ nie einen formellen Namen. Nach vielen Versuchen, die richtigen Worte zu finden, entschied sich Charlotte Selver für ‘Sensory Awareness’. Diese Bezeichnung wurde dann bald allgemein gebräuchlich, doch Sensory Awareness als spezifische ‘Disziplin’, wie sie Charlotte Selver anbietet, wurde Teil der Geschichte des ‘Human Potential Movement’ und der daraus sich entwickelnden Arbeitsansätze in den USA.

Bevor ich mehr aus dem Leben Charlotte Selvers erzähle, möchte ich von meiner eigenen Begegnung mit Charlotte berichten und von den 35 Jahren unserer Bekanntschaft. Ich hoffe Ihnen dadurch einen mehr persönlichen Eindruck von dieser Frau und ihrer Arbeit vermitteln zu können. Jeder der tausenden von Menschen, die mit ihr studiert haben, hätte wohl seine ganz eigene Geschichte zu erzählen, doch kann ich nur von meiner eigenen Erfahrung sprechen.

Ich war 48 Jahre alt, als ich Charlotte zum ersten mal begegnete. Ich litt unter Arthritis und schrecklicher Migräne. Wenn ich frühmorgens die Treppen unseres Hauses hinuntersteigen wollte, konnte ich das nur Stufe um Stufe tun, weil die Blutzirkulation in meinen Fussgelenken so schlecht war, dass diese ganz steif waren. Ich lebte ganz im Kopf und es kam mir nie in den Sinn, dass diese körperlichen Symptome mit meiner “Beeile dich! Mach schon – und mach’s richtig!”-Haltung zu tun hatten. Mein ganzes Wesen war von dieser Haltung durchdrungen.

Doch dann, als ich mit Charlotte Stunden zu nehmen begann und mich ganz einfach dem Ruhen, Bewegen, Sehen, Hören, Atmen und andern Aspekten des Menschseins widmete, begannen sich diese Verspannungen zu lösen, und der ganze Organismus kam in ein besseres Gleichgewicht und funktionierte gesünder. Eines Tages wurde mir plötzlich bewusst, dass ich schon lange keine Migräne mehr gehabt hatte und auch mit Leichtigkeit die Treppen hinunterrannte. Das war wunderbar, doch es wurde noch besser als ich meine Mitmenschen und meine Umwelt neu und anders wahrzunehmen begann, als ich im Sehen, Hören und in meinen Reaktionen auf sie offener und spontaner wurde.

Die Fähigkeit, Dinge zu sehen, nicht mit den Augen nach ihnen zu ‘greifen’, sondern sie hineinzulassen und bis in meine Tiefen zu fühlen – zu wissen, dass wir miteinander verbunden sind – das war wahrscheinlich die bedeutungsvollste Entdeckung. Dies lernte ich nicht nur durch Charlottes koan-artige Versuche im Unterricht, sondern auch ganz einfach durch ihre Gegenwart. Das gehörte ja zusammen: Charlotte und ihre Arbeit.

Meine erste Begegnung mit ihr war reiner Zufall – wenn denn solche Dinge je zufällig geschehen. Im Jahre 1957 las ich Alan Watts’ Buch The Way of Zen1. Ich hatte zuvor nie von Watts oder Zen gehört und fand das Buch ziemlich wunderlich. Er schrieb, die Befreiung vom Leiden komme durch: “Nicht-denken, nicht-reflektieren, nicht-analysieren, nicht-kultivieren, Absichtslosigkeit, geschehen lassen.” “Nicht-denken?! Geschehen lassen?!” Dies widersprach allem was, ich zu glauben gelernt hatte und doch berührte es etwas in mir.

Watts schrieb: “Zen ist vor allen Dingen eine Erfahrung und als solche nonverbal und einer rein literarischen und akademischen Vorgehensweise unzugänglich. Um zu verstehen was Zen ist – und vor allem auch, was Zen nicht ist – muss man damit praktisch experimentieren, um die wirkliche Bedeutung, die den Worten unterliegt, zu entdecken.” Ich wusste das damals nicht, doch er hätte ebensogut von Sensory Awareness sprechen können.

Im Jahre 1965 kam Alan Watts nach New York um mit einer Frau namens Charlotte Selver in deren Studio an der 73. Strasse einen Kurs zu geben. Dort angekommen, wurde ich von einer kleinen Frau mit einem freundlichen Lächeln und geraden, dunklen Haaren, das sie hinter die Ohren gestrichen trug, empfangen. Während der ersten Stunde sprach Alan Watts in seiner bestechenden Weise. Danach arbeitete Charlotte mit der Gruppe. Ich kann mich nicht daran erinnern, was sie sagte oder was wir taten. Doch erinnere ich mich, wie unangenehm es mir war auf dem Boden sitzen zu müssen, Dinge zu tun, die keinen Sinn machten und dann von andern Leuten zu hören, welch überraschende Entdeckungen sie während der “Experimente” machten. Ich kam mir ziemlich dumm vor – und wurde neugierig.

Sechs Monate später besuchte ich, etwas widerstrebend, einen Wochenend-Kurs mit Charlotte. Er begann am Freitag abend mit einem Vortrag zu Lichtbildern. Wir sassen auf Klappstühlen und als der Vortrag vorbei war, bat uns Charlotte, uns unseres Sitzens gewahr zu werden. Meine unmittelbare Reaktion war Unsicherheit: Wie sass man richtig, was wollte sie sehen, was war akzeptabel in diesem Kurs? Sie erklärte uns nicht, wie wir sitzen sollten, sondern fragte nur: “Wie fühlt sich ihr Sitzen an?” Ich fühlte nichts von meinem Sitzen – existierte überhaupt kaum als fühlendes Wesen – ich hatte nur Gedanken darüber. Und dann sagte sie: “Wenn sie sitzen, dann sitzen sie. Wenn sie sich anlehnen, dann lehnen sie an.” Das war wie ein grosser Lichteinbruch: “Es kommt nicht darauf an was du tust, doch tu es ganz, mit ganzem Wesen – und sei dir bewusst was du dabei fühlst.”

Das war der erste Riss in der “dicken Lackschicht” der Konditionierung, wie Charlotte dies nannte. Diese Verspannungen waren sowohl Ursache wie auch folge meiner dauernden Furcht etwas falsch zu machen, meiner Sorge darum was die Leute von mir dachten etc. Dies war der Beginn meiner langen Initiation in eine neue Lebensweise – und der Beginn meiner langen Verbindung mit Charlotte.

Was Charlotte in den Stunden tat – wie sie Versuche anleitete, ihr Rhythmus, wie die Versuche und die darauf folgenden Reporte zum nächsten Versuch führten und zur Entwicklung der ganzen Stunde, ja des ganzen Kurses – all das erschien mir wie Magie. Doch wurde es noch erstaunlicher, als ich zu verstehen begann, dass diese Magie ganz auf den natürlichen Möglichkeiten jedes Organismus beruhte: zu sehen und offen und reagierfähig zu sein.

Zuerst dachte ich, Charlotte könne meine Gedanken lesen. Viel später realisierte ich, dass sie nicht meine Gedanken, sondern mich las. Sie sah, wie ich stand, wie ich sass, wie ich mich bewegte. Sie sah meinen Gesichtsausdruck und meinen Blick, doch auch den “Ausdruck” meines Rückens, meiner Zehen, des Atems – kurz, sie sah mich. Natürlich waren meine Gedanken Teil meines Wesens und so erschien es oft, dass sie meine Gedanken las und direkt auf diese reagierte, wenn sie in Wirklichkeit spontan auf das reagierte, was sie in meiner ganzen Person fühlte. Es wurde mir erst möglich zu verstehen wie Charlotte uns sah, nachdem diese Lackschicht von Verspannungen sich etwas gelöst hatte und ich dadurch mehr bereit wurde, Impressionen in Ruhe zu empfangen. Dann begann ich meine Mitmenschen und meine Umgebung neu zu sehen – nicht als Spiegelbilder meines Egos, sondern mit Interesse und als etwas, das nicht getrennt von mir existierte. Ich erkannte, dass Sehen ein innerlicher Vorgang war: Aussen und innen waren eins. Diese neue Art, andere zu sehen, war auch eine neue Art, mich selbst zu sehen – und umgekehrt.

Charlotte sass während der Stunden gewöhnlich im Schneidersitz auf dem Boden, doch einmal sass sie auf einem Stuhl. Ich sah sie wirklich. Dies war das erste Mal, dass ich bewusst jemanden einfach sitzen sah. Ihr Auf-dem-Stuhl-sitzen war so ruhig und unkompliziert – so nichts besonderes – wie das Stehen des Stuhls auf dem Boden. Danach konnte ich sehen, dass es mit ihrem Gehen, Liegen und Stehen dasselbe war – es war alles ‘nichts Besonderes’. Ich kann, was ich in ihrem Stillsein und ihren Bewegungen fühlte, nicht anders beschreiben. Sobald ich mehr beschreibende Worte benutze (leicht, federnd, jugendlich, kraftvoll, ruhig, in Kontakt mit dem Boden – was auch immer), hebe ich etwas Besonderes heraus, einen bestimmten Aspekt einer unteilbaren Ganzheit. Doch ist es die Einfachheit, die ‘Nicht-besonderheit’, die für mich so besonders war. Als ich sie sitzen sah, veränderte sich etwas in mir. Ich fühlte ihre Anwesenheit und wurde selber mehr anwesend.

Im Unterricht arbeiteten wir oft zu Zweien. Manchmal liessen wir uns von einer Partnerin den Kopf anheben. Anfangs war ich immer etwas besorgt darum, ob ich wohl die Bewegung verhinderte, sie führte oder wirklich meinen Kopf bewegen liess. Gleichermassen wenn ich den Kopf meiner Partnerin bewegte: ich urteilte oft darüber, ob sie ihren Kopf festhielt, die Bewegung führte oder erlaubte. Ich dachte, dass wir am Kopf arbeiteten und dass man das richtig oder falsch tun konnte.

Einmal, während eines solchen Versuches, fing ich nicht gleich an sondern sass für einen Moment einfach da und sah meine Partnerin vor mir liegen. Und ich sah, dass der Kopf Teil der ganzen Person war. Und als ich meine Hand unter ihren Kopf gleiten liess und ihn langsam zu bewegen begann fühlte ich, dass er mit dem Rest verbunden war. Ich hatte die überwältigende Erkenntnis, dass ich, indem ich ihren Kopf hielt, meine Partnerin hielt. Und wenn ich ihren Kopf bewegte, bewegte ich sie. Wenn ich jemanden an einer Stelle berührte, wirkte sich das auf die ganze Person aus – und auch auf mich in meiner Ganzheit.

Jahre später, 1987, während der letzten Stunde eines ‘Leaders Workshops’ in St. Ulrich in Deutschland: Nach drei Wochen intensiver Arbeit an ‘uns in Beziehung zur Welt’ stand Charlotte vor uns und bat uns, ihren Bewegungen zu folgen und in uns zu fühlen, wie eine andere Person sich bewegt. Wir sollten versuchen, dies in uns geschehen zu lassen. Die Zeit blieb stehen, als sie ruhig eine Hand bewegte, einen Arm, ihren Kopf, einen Fuss, ein Bein – und uns so zu einer entsprechenden Bewegung einlud. In meiner Beschreibung sage ich, dass sie einen Fuss bewegte, eine Hand, ihren Kopf, doch in Wirklichkeit war es Charlotte die sich bewegte – in ihrer Hand, in ihrem Kopf. Sie stand einfach da oder bewegte sich, und niemand konnte sagen wo die Bewegung begann oder aufhörte – in Charlotte oder in mir. Ich sah was ich sah und fühlte was ich fühlte und reagierte wie ich reagierte. Es war eine Art von Befreiung. Ich schien einen Kreis vollendet zu haben: “Nicht-denken, nicht-reflektieren, nicht-analysieren, nicht-kultivieren, Absichtslosigkeit, geschehen lassen.”

Charlotte fragte mich einmal, was mich dazu motiviert habe für Sensory Awareness alles andere aufzugeben, die Charlotte Selver Foundation (jetzt Sensory Awareness Foundation, SAF) zu gründen und sie so lange zu führen, selber die Arbeit anzubieten, darüber zu schreiben und Material zu redigieren. Ich konnte ihr damals keine Antwort geben. Es erscheint mir jetzt, dass ein guter Teil meines Interesses an der Arbeit nicht nur durch die Versuche kam, die Charlotte uns anbot, sondern auch davon, Charlotte in ihrer Arbeit zu erleben. Ich wollte was ich sah, zuerst nur für mich selbst, doch dann, als mir bewusst zu werden begann wie die Arbeit mich veränderte – meine psycho-somatische Verfassung im Ganzen, meine Haltung gegenüber meiner Selbst und dem Rest der Welt – wuchs in mir das Verlangen, diese Arbeit bekannt und für jedermann zugänglich zu machen.

Die SAF hat seither Kurse angeboten, eine Bibliothek und ein Archiv eingerichtet und dient als Informationsstelle für Sensory Awareness. Ihre Hauptaufgabe jedoch ist es Publikationen über die Arbeit herauszugeben: wie die Arbeit von Elsa Gindler und Heinrich Jacoby entdeckt und entwickelt wurde, was Elfriede Hengstenberg und Emmi Pikler dazu beitrugen, wie die Arbeit von vielen ergebenen Schülerinnen und Schülern – einschliesslich Charlotte Selver – fortgeführt wurde. Nicht zuletzt soll die Stiftung auch die Nachfolge dokumentieren.

Mit der Zeit wurden einige von Charlottes Schülerinnen und Schüler dazu autorisiert, die Arbeit weiterzugeben, und 1988 wurde die ‘Sensory Awareness Leaders Guild’ (SALG) gegründet. Zu dieser Zeit offerierte Charlotte eine Reihe von ‘Leaders Workshops’, in denen diejenigen, die selber Kurse gaben, Gelegenheit hatten, tiefer in die Arbeit einzudringen und auch Arbeitsgemeinschaften zu leiten. Da hatten wir Gelegenheit, einen anderen Aspekt von Charlotte kennenzulernen: sie wurde zur Schülerin, gab sich völlig einem angebotenen Versuch hin und teilte uns dann ihre Erfahrungen mit – und diese überraschten uns oft.

Sie hatte uns oft davor gewarnt, in unseren Köpfen Reporte zu fabrizieren, während wir etwas versuchten. Wir sollten ganz für das Geschehen im Moment dasein. Doch eines Tages, als sie als Schülerin teilnahm, berichtete sie mit einem Schmunzeln, dass sie während des ganzen Versuches sich selbst mit grossem Genuss darüber berichtet hatte.

Sie sagt oft, dass wir ihr nicht glauben sollen, sondern für uns selbst herausfinden. Es ist ratsam ihr dies zu glauben. Charlotte ist eine große Jongleurin. Wenn wir zu schnell sind für unsere momentane Verfassung, mahnt sie uns zur Langsamkeit. Wenn wir alles in Zeitlupe versuchen sagt sie: “Dient nicht dem Gott der Langsamkeit!” Es ist dann an uns aus dieser Zwickmühle herauszufindend und zu erkennen, dass nichts an ‘schnell’ oder ‘langsam’ an sich falsch ist. Die Frage ist, welche Geschwindigkeit in einem bestimmten Moment angebracht ist und was für eine Qualität diese hat. Und plötzlich erkennt man, dass, wenn man völlig in einer Aufgabe aufgeht, sich die angebrachte Geschwindigkeit und Qualität der Bewegung von selbst einstellen.

Im ‘Leaders Workshop’ von 1885 thematisierte Charlotte die Problematik von seinem ‘Körper’ zu sprechen, als ob ‘ich’ und ‘mein Körper’ getrennt existierten. Drei Wochen lang ermahnte sie uns stets davon zu sprechen, was im Organismus als Ganzes geschieht, nicht in seinen Teilen. Dann, am letzten Tag, versprach sich jemand und sagte: “Mein Bein fühlte…”, korrigierte sich jedoch sofort und sagte: “Ich fühlte…”. Charlotte darauf: “Ehret die Teile!” Sie gab uns dadurch Gelegenheit zu realisieren, dass das Ganze aus Teilen besteht und die Teile nur in Beziehung zum Ganzen bestehen – beides ist zu respektieren. Charlotte weist uns auf unsere Knöpfe hin. Wir selbst müssen sie lösen – oder sie durchschneiden – oder sie ignorieren.

Wie Charlotte auf etwas eingeht hängt, immer von der Situation ab, für die sie in der einen oder andern Weise immer präsent ist. Ich habe diese kleine Frau in einem Versuch einem sehr kräftig gebauten Mann gegenüber gesehen. Die beiden stemmten sich – Handfläche an Handfläche – gegeneinander. Charlotte hatte keine Schwierigkeiten, sich diesem Kräftemessen zu stellen, sogar mit nur einem Bein auf dem Boden stehend. Ich habe sie auch völlig von Kräften gesehen – aus Frustration, wenn es ihr unmöglich erschien, sich ihren fortgeschrittenen Schülern verständlich zu machen. Sie sass auf dem Boden und konnte nicht aufstehen. Sie machte uns darauf aufmerksam, wie ihr Gefühl von Ohnmacht sich in physischem Kräfteverlust äusserte. Am nächsten Tag meinte sie: “Mein Verlangen war im Weg”, und führte die Versuche fort. Was auch immer geschieht, sie kommt immer zurück zur Arbeit.

Am 23. September 2000 besuchte ich einen Kurs mit der neunundneunzig-jährigen Charlotte. Sie schien mir klarer und schärfer zu sein denn je. Ich fühlte ihre Präsenz. Doch diese fühle ich eigentlich jeden Tag meines Lebens – im Sehen, im Atmen, in meinem ganzen Sein.

II. Eine kurze Geschichte – von neunundneunzig Jahren

Charlotte Selver Wittgenstein wurde am 4. April 1901 in Ruhrort in Deutschland geboren. Sie erzählt dies von ihrer Kindheit:

“Die Stadt war umgeben von Kohlen-, Eisen- und Stahlwerken, die ein feuriges Licht verbreiteten. Mein Vater war Direktor einer Fabrik. Meine Mutter war Hausfrau. Sie war die Herrin des Hauses und viele Leute kamen, um sich bei ihr Rat zu holen. Mein Vater liebte Musik und wollte, dass seine Töchter musikalisch sind. So kam ein Klavierlehrer zu uns ins Haus zum unterrichten. Klavierspielen und Gedichte lesen waren so ziemlich die einzigen Dinge, die ich gern tat. Ich war dick und bewegte mich nicht gerne. Wenn meine Mutter mich zu Tante Tillis haus schickte, das nur ein paar Häuser weiter war, wollte ich nicht gehen – es war mir zu weit.

Als ich zwölf war, hatte ich eine Freundin, die schön Geige spielen konnte und auch schon öffentlich aufgetreten war. Eines Tages nahm sich mich mit in ein fotografisches Atelier. Es war im Dachgeschoss eines Hauses, sehr hell und geschmackvoll eingerichtet. Die beiden Fotografinnen waren Frauen. Ich entschied, dass ich auch Fotografin werden würde.

Meine Eltern waren schockiert. Das war unter der Würde ihrer Tochter. Also streikte ich in der Schule, beantwortete keine einzige Frage mehr und versagte. Meine Eltern nahmen mich von der Schule und sandten mich zu Verwandten nach Holland, wo ich all die Museen besuchte. Als ich wieder nach Hause und zurück zur Schule kam, gab ich wieder Antwort auf des Lehrers fragen und schloss die Schule ab – immer noch entschieden Fotografin zu werden.”2

Charlottes Mutter jedoch sandte sie in ein Mädchenpensionat, wo sie kochen und haushalten lernen sollte. Die Schulleiterin aber, als sie Charlotte eines Tages neben dem anbrennenden Essen beim Gedichte lesen vorfand, meinte: “Du bist hierher gekommen um haushalten und kochen zu lernen. Willst du das nicht?” Charlotte sagte nein und wurde bald darauf nach hause geschickt. Sie erzählt: “Nun endlich liess mich Vater nach Berlin gehen um Fotografie zu studieren (im Sommer 1920). Da gab es etwas, das ich besonders liebte: wir gingen auf die Strasse und wenn wir ein interessantes Gesicht sahen, fragten wir die Person, ob sie sich von uns fotografieren lassen würde. Doch die Aussicht, nach abgeschlossener Ausbildung in einem Atelier zu arbeiten und aufgeputzte Kinder und Erwachsene fotografieren zu müssen, behagte mir gar nicht. Ich war einfach so bezaubert gewesen von den beiden Fotografinnen und ihrem lichten, schönen Atelier im Dachgeschoss.”2

Während des zweiten Jahres der Ausbildung in München hatte Charlotte auch mit dem Unterricht bei Dr. Rudolph Bode begonnen und entschloss sich bald dazu Gymnastiklehrerin zu werden. Davon schreibt sie: “Immer wieder [musste ich] zu hören bekommen: ‘Es gibt so viele interessante Berufe in der Welt. Warum, um Gottes Willen, wählen sie diesen? Sie sind völlig unbegabt für diese Arbeit!’ Ich [biss auf die Zähne und sagte zu mir]: Wenn ich das nicht bewältige, werde ich auch für nichts anders gut sein..’ Ich [bewältigte es], aber mit wieviel Schmerz und Demütigung! Und hatte ich es wirklich geschafft? War ich jetzt freier?”3

Charlotte muss Heinrich Jacoby und bald darauf auch Elsa Gindler im Jahre 1923 kennengelernt haben, als sie noch bei Bode in Ausbildung war. Von ihnen hörte sie: “So etwas wie unbegabte Menschen gibt es nicht. Sie mögen behindert sein, doch diese Behinderungen können sich nach und nach auflösen. “Charlotte: “Als ich zum ersten Mal das Studio meiner Lehrerin, Elsa Gindler, betrat …. wurde mir sofort klar … dass alles, was ich bis dahin gelernt hatte, umsonst gewesen war …. und dass ich ganz von neuem anfangen musste.”3 Und das tat sie. Charlotte studierte mit Gindler während ihrer sehr aktiven Zeit als Bode-Gymnastiklehrerin und bis zu ihrer Flucht vor Hitler nach den USA im Oktober 1938.

Die Biographie im Bulletin der ‘New School for Social Research’ in New York gab anlässlich ihres ersten Kurse (1950) eine Zusammenfassung ihres bisherigen Berufsleben wieder:

“Charlotte Selver: Ausbildung an der Bode-Schule für Ausdrucksgymnastik, Fortbildung mit Mary Wigman und Elsa Gindler. Lehrerin der Gindler-Methode für Körper-Umerziehung. Lehrte acht Jahre an der Universität von Leipzig und am Institut für Erwachsenenbildung. Unterrichtete Athletik-Studenten und Behinderte. Gab Hochschulkurse für angehende Lehrer und Spezialkurse zur Vorbereitung von natürlichen Geburten. Verbindungen zum Bauhaus in Weimar, zum Konservatorium für Musik und zur Kunsthochschule in Leipzig, um Studierenden zu einem freieren Gebrauch ihres Organismus in ihrem jeweiligen Fach verhelfen. Spitalerfahrung mit Funktionsstörungen, sowie mit Orthopädie und Post-Operativen Fällen in Leipzig, Berlin und New York.” (Nachdem Charlotte nach New York gekommen war arbeitete sie für eine Weile als Freiwillige im Notfall und im Ambulatorium des Spitals für Gelenkleiden.)

***

In den ersten Tagen nach ihrer Ankunft in New York lebte Charlotte mit der Schwester ihres früheren Mannes, Heinrich Selver, bis sie durch den Flüchtlingsdienst eine Stelle als Gesellschafterin und Masseurin bei einer alten Frau vermittelt bekam. Eine ihrer Töchter litt unter Skoliose. Charlotte arbeitete mit ihr und konnte ihr helfen. Sie war Schriftstellerin und half Charlotte später, die erste Ausschreibung in englisch zu formulieren4.

Es war nicht einfach, eine eigene Praxis aufzubauen. Charlotte mietete ein Studio für einige Stunden pro Woche und versandte Einladungen für Vorträge über ihre Arbeit. Vier Leute kamen zu ihrem ersten Vortrag. Zwei davon kannte sie nicht, die beiden andern waren ihre Mutter und deren Freundin, die beide kein englisch verstanden, jedoch dauernd zustimmend nickten. (Ihre Eltern waren seither auch nach Amerika gekommen.) Sie suchte viele Leute auf, darunter auch Ärzte. Einer sagte zu ihr: “Mit ihrer ruhigen und zeitintensiven Arbeit werden sie hier keinen Erfolg haben. Hier wollen die Leute sofort geheilt werden.” Doch am nächsten Tag rief sie ein Mann an und sagte: “Ich war im Wartezimmer als sie mit Dr. So-und-So sprachen und mochte ihre Stimme. Kann ich bei ihnen eine Privatstunde nehmen?” Charlotte dazu: “Ich hatte unheimlich viel Glück!”

Es stimmt wohl, dass solche Gelegenheiten Zufall sind, doch die Frage ist: Kann man Gelegenheiten wahrnehmen und dranbleiben? Charlotte blieb am Ball, auf vielerlei Weisen. Im Juli 1944, zum Beispiel, machte eine Schülerin sie mit ihrem Verlobten bekannt. Es war der Psychoanalytiker und Schriftsteller Erich Fromm. Er hatte grosses Interesse an ihrer Arbeit und nahm wöchentlich Privatstunden mit ihr so lange er in New York lebte. Durch Fromm fand Charlotte viele Schülerinnen und Schüler.

Als Fritz Perls von Südafrika nach New York kam, besuchte er Fromm. Als dieser hörte, dass Perls an den physischen Manifestationen von psychologischen Störungen interessiert war, sagte er zu ihm: “Sie sollten Charlotte Selver kennenlernen.” Perls kam zu einem Kurs und nahm dann Privatstunden während der Zeit, in der er in New York lebte. Viel von dem, was er dabei lernte, integrierte er in seine damals im entstehen begriffenen Gestalt -therapie.

Fromm war Mitbegründer des ‘William Alanson White Institute’ für Psychoanalyse. Er machte viele Mitglieder des Instituts auf Charlotte aufmerksam, darunter auch dessen Präsidentin Clara Thompson. Sie kam zu Kursen, gefolgt von führenden Psychoanalytikern dieser Schule: Ernst Schachtel, Rose Spiegel und Edward Tauber, Vorsitzender der Fakultät am Institut. Dr. Tauber drehte einen Film von Charlottes Arbeit und präsentierte diesen, zusammen mit einem Vortrag, der ‘Society on the Theory of Personality’. Charlotte zeigte den Film auch, unter anderem anlässlich eines Vortrages für die ‘Harry Stack Sullivan Society’.

1950 begann Charlotte, ihre integrative somatische Arbeit an der intellektuell orientierten ‘New School for Social Research’ anzubieten. In den sechziger und siebziger Jahren war sie da so erfolgreich, dass sie deren grössten Saal füllte und die Gruppen oft aufgeteilt werden mussten.

Im Sommer 1957 wurde sie vom Departement für Psychoanalyse der Universität von Mexico nach Cuernavaca in Mexico eingeladen, um an der Daisetz Suzuki-Erich Fromm-Konferenz über Zen Buddhismus und Psychoanalyse teilzunehmen. 1959 ging sie zum zweiten Mal nach Mexico, um einen 10-tägigen Kurs in ‘Sensory Awareness, Non-verbal Experience and Communication’ für Studenten und Mitarbeiter des Departements für medizinische Psychologie und Psychiatrie zu geben. Dies war der Anfang ihrer Verbindung zu Mexico, wo sie noch heute jeden Winter unterrichtet.

Im selben Jahr wurde ein ‘Komitee zur Förderung von Charlotte Selvers Arbeit’ gegründet. Nebst vielen Psychologen, Psychiatern und Psychoanalytikern war auch Charlotte Schuchardt Read, die Assistentin von Alfred Korzybski und spätere Präsidentin des ‘Institute of General Semantics’, Unterstützerin dieses Komitees. Sie hatte erkannt, dass Charlotte Selvers Arbeit den Zugang zu Korzybskis ‘silent level’ (etwa ‘Wortloser Ebene’), dieser entscheidenden Basis für die vielen Ebenen intellektueller Abstraktion, erleichtern kann. Dann war da John Collier, der Anthropologe und ‘US Comissioner of Indian Affairs’. Er hatte Jahre zuvor (Juli 1948) für Charlotte einen Besuch bei den Hopi Indianern der ‘Second Mesa’ in Arizona arrangiert. Er hatte damals gesagt: “Charlotte, du musst deine Verwandten kennenlernen!”

Andere Gönnerinnen und Gönner des Komitees waren: Frances Flaherty (die Frau des Filmemachers Robert Flaherty), Professor Kurt Goldstein (Neurologe, Psychiater und Autor des Buches The Organism), Erick Hawkins (Tänzer und Choreograph), sowie Alan Watts, Schriftsteller und damaliger Dekan der ‘American Academy of Asian Studies’.

Die Verbindung mit Alan Watts war schicksalshaft. Charlotte erinnert sich:

“Meine Tante in San Francisco schrieb mir: ‘Gestern abend hörte ich einen Mann von dem sprechen, was du tust.’ Sie sandte mir Alan Watts erstes Büchlein The Spirit of Zen Ich hatte noch nie von Zen gehört, war erstaunt und fasziniert und beschloss, den Autor zu besuchen.”

Ihre erste Begegnung fand dann im August 1953 statt. Dies war der Beginn ihrer Verbindung mit Zen-Buddhismus, sowie der jahrelangen gemeinsamen Kurstätigkeit mit Watts, zuerst in New York und später auch auf Watts Hausboot in Sausalito bei San Francisco. Die Seminare hatten solch klingende Namen wie: ‘Moving Stillness’, ‘The Unity of Opposites’, ‘Our Instantaneous Life’, ‘The Mystery of Perception’, ‘The Tao in Rest and Motion’ (Watts betonte oft, dass Charlotte eine westliche Form des Taoismus lehre).

Einer ihrer Kurse in Kalifornien wurde von Michael Murphy und Richard Price besucht, die zwei Jahre später, 1963, das ‘Esalen Institute’ gründeten. Charlotte war die erste, die dort nicht-verbale Selbsterfahrungskurse anbot. Später konnte man in der Instituts-Broschüre lesen: “Charlotte Selvers Pionierarbeit in den USA bildet die wichtigste Grundlage der Arbeit im Bereich von Sensory Awareness, Sensory Awakening und verwandten Arbeitsweisen, die weite Anerkennung gewonnen haben.”

1971 wurde die Charlotte Selver Foundation (CSF, jetzt Sensory Awareness Foundation, SAF) gegründet, um, wie es in ihren Statuten heisst, “die Arbeit in Sensory Awareness nach Charlotte Selver zu unterstützen.” 1974 besuchten mehr als 200 Leute einen Kurs an der ‘New York University’ unter der Patronat der Universität und der CSF. Dieser Kurs, den Charlotte zusammen mit ihrem Mann und Kollegen Charles Brooks, sowie achtzehn weiteren KollegInnen anbot, diente zur “Bekanntmachung mit Zugängen zu ‘Sensory Awareness’, die demonstrieren, wie die Arbeit im Alltag und im Berufsleben integriert werden kann.

Zusammen mit Moshe Feldenkrais, Alexander Lowen, Ida Rof, Barbara Brown, Ashley Montagu, Karl Pribram, Carl Rogers und Margaret Mead nahmen Charlotte Selver und Charles Brooks 1979 an einer Tagung unter dem Titel ‘Explorers of Humankind’ teil, um die ‘Natur des Menschen’ zu erörtern.

1986 wurde Charlotte Selver als eine der PionierInnen der Humanistischen Psychologie von der Universität von Kalifornien in Santa Barbara angefragt, ob ihr Nachlass dereinst in deren Archiv für Humanistische Psychologie aufgenommen werden könne. Die Übergabe dieser Materialien (Korrespondenz, Manuskripte, Ton- und Bildaufnahmen etc.) hat kürzlich begonnen.

1995 wurde Charlotte der Titel des ‘Doctor of Humane Letters, honoris causa’ vom ‘California Institute of Integral Studies’ verliehen. Im Jahr 2000 wurde das ‘Charlotte Selver Stipendium’ am ‘Santa Barbara Graduate Institute’ eingerichtet. An diesem Institut kann man zum ersten Mal ein Doktorat in Somatischer Psychologie, sowie den Magister und ein Doktorat in prä- und perinataler Psychologie machen. Das Grundlagestudium für dieses dreijährige Programm bildet Sensory Awareness.

***

Doch all dies sind Daten, Namen von Leuten und Veranstaltungen. Das Herz von Charlottes Arbeit jedoch bilden die fortlaufenden Kurse und Workshops, die zu diesen Veranstaltungen führten. Die Möglichkeit, sein Verhalten am eigenen Leib zu erfahren, die ‘körperliche’ Empfindung einer ‘geistigen’ Haltung zu erleben, war neu, und Charlottes Forschung in dieser Gewahrseins-Arbeit war offensichtlich für viele Menschen lohnend. Hatte Charlotte in den USA anfangs noch eine Unterrichtsstunde pro Woche unterrichtet, waren es im Jahre 1949 schon fünf, und die Kosten waren von $6 pro Monat auf $3 pro Stunde gestiegen. 1953 gab sie zwölf Stunden pro Woche. Im Prospekt heisst es: “Morgens, nachmittags, abends” und “Zusätzliche Stunden auf Anfrage. Bitte Anfragen.” Sie gab auch Vorträge, Privatunterricht und spezielle Kurse zu Themen wie: ‘Atmen’, ‘Verspannungen Lösen’, ‘Bewegung’, ‘Augen und Hals’. Schwangerschaftskurse wurden auch angeboten. Eine Frau berichtete, wie sie diese besuchte und drei Kinder ohne Schmerzen gebar.

Die Kurse kamen vor allem durch Mund-zu-Mund-Propaganda zustande. Charles Brooks (der das erste Buch über Charlottes Arbeit schrieb5) erzählt, wie er 1958 zu der Arbeit gekommen ist:

“Ich hörte durch einen Freund von Charlotte. Zuerst zögerte ich dahin zu gehen, denn er konnte mir nicht recht beschreiben was, es war.” Ich dachte, dass diese Dinge nicht wirklich für Männer sind. Doch mein Freund war ein ‘Lieutenand Commander’ in der ‘Battle of the Bulge’ im zweiten Weltkrieg gewesen. So dachte ich, ‘wenn er dies akzeptieren und geniessen kann, dann werde ich es auch schaffen.’ Mein Freund sagte mir, dass die Faust, die er für so lange Zeit in seiner Magengrube gefühlt hatte, im Laufe des Kurses ganz einfach verschwunden war. Ich dachte: ‘Ich habe auch eine Faust in der Magengrube. Es wäre toll, wenn sie verschwinden würde.’ Und so ging ich hin und schrieb mich ein.

Ich war von Charlottes Persönlichkeit, ihrer Art zu sprechen und von der Atmosphäre im Unterricht sehr beeindruckt. Ihre Fragen waren vernünftig. Zum Beispiel: ‘Fühlen sie worauf sie stehen?’ Und sie wollte offensichtlich keine Antwort darauf. Das faszinierte mich. Ich wurde sofort zu ihrem Schüler und bin es bis heute geblieben.”6

Charlotte und Charles heirateten im August 1963. In diesem Jahr begannen sie auch zusammen zu unterrichten. Als ich sie kennenlernte, unterrichteten sie abwechselnd in den gemeinsamen Workshops. Doch arbeiteten sie auch auf andere Weise zusammen: Charlotte ist schon seit sehr langem schwerhörig. Als ich sie kennenlernte trug sie ein Kästchen an ihrem Kleid, das ihr in Konversationen hilfreich war, doch selbst mit diesem Gerät konnte sie die Leute im Unterricht nicht mehr verstehen. So sass Charles neben ihr wenn die Schüler sprachen, um für sie die Reporte zu wiederholen. Später benutzte sie ein sensibles Hörgerät und ein Mikrofon, in das die Schülerinnen und Schüler sprechen konnten. Seither sind die Anforderungen, die der Gebrauch des Mikrofons stellt, Teil des Lernprozesses der Kursteilnehmer.

Nachdem Charlotte und Charles sich zusammengetan hatten etablierte sich eine jährlich wiederkehrende Folge von Seminaren: Frühling in Kalifornien, Sommer auf Monhegan Island in Maine, Herbst in New York und Winter in Mexico. Später kamen Sommerkurse in Europa dazu, in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Charles erzählt von ihren ersten gemeinsamen Kursen 1963 in Kalifornien:

“Wir verbrachten neun Monate im Dachgeschoss eines Hauses in San Francisco. Jeden Dienstag schoben wir die Matratze unter das Dachgesims und packten alle unsere Dinge weg, so dass die Vermieterin, eine bemerkenswerte Frau von etwa 85 Jahren, ihre Tanzstunden geben konnte. Dann fuhr ich mit Charlotte zu einem Ort 20 Meilen südlich von San Francisco, wo sie eine Stunde gab. Dann brachte ich sie zum Zwei-Uhr Flugzeug nach Los Angeles. Ich selbst fuhr mit dem Wagen dahin und wir trafen uns spätabends in Hollywood wieder, nachdem sie dort ihren Unterricht gegeben hatte. Sie unterrichtete auch mittwochs und freitags in einem Studio bei Sunset Way. Danach fuhren wir wieder zurück nach San Francisco, wo sie weiter Stunden gab. Am Dienstag fing es dann wider von vorne an.”

Charlotte musste zu dieser Zeit ihr Studio in New York aufgeben, und als sie 1964 zurück nach New York kamen, mieteten sie einen Raum, der auch einem Partnervermittlungsdienst als Begegnungsort diente. Charles erzählt weiter:

“Wir unterrichteten dort von Montag bis Donnerstag. Am Freitag morgen packten wir unsere Sachen weg, genau wie in San Francisco, und hängten die erotischen Bilder wieder auf, die wir versteckt hatten. Wir kamen dann am Sonntag nachmittag wieder zurück, öffneten alle Fenster, um den Rauch hinauszulassen und nahmen die Bilder wieder von den Wänden. Am nächsten Tag begann dann der Unterricht von Neuem. Das ging so, bis wir das Studio an der 73. Strasse fanden, das dann unser Heim war bis ich unser Haus in Kalifornien baute, nicht weit von San Francisco Zen Centers ‘Green Gulch Farm’.”

Die langjährige freundschaftliche Verbindung mit ‘San Francisco Zen Center’ kam durch Richard Baker zustande, nachdem dieser durch einen der Workshops, die Charlotte zusammen mit Alan Watts gab auf Charlotte aufmerksam geworden war. Durch ihn lernte Charlotte Shunryu Suzuki und seine Schülerinnen und Schüler kennen, die zusammen in einer alten Synagoge an der Bush Street praktizierten. Suzuki Roshi wollte ein Kloster auf dem Land einrichten, und so sammelte Richard Baker Geld für ein Grundstück nahe des Carmel Valley, wo ‘Tassajara Zen Mountain Retreat’ entstehen sollte. Er organisierte das sogenannte ‘Zenefit’, an dem Charlotte und Charles zusammen mit Suzuki Roshi teilnahmen.

Nachdem Tassajara seine Tore geöffnet hatte, gaben Charlotte und Charles dort jedes Jahr Kurse zugunsten von Zen Center. Zusammen mit ihren Schülerinnen und Schülern ermöglichten sie auch den Bau des schönen ‘Wheelright Center’ der Green Gulch Farm. Es finden dort jedes Frühjahr und jeden Herbst Kurse statt, und die Teilnehmer haben Gelegenheit, am Zazen teilzunehmen, sowie auf der Farm zu arbeiten. Umgekehrt nehmen auch oft Zen-Schülerinnen und Schüler an den Sensory Awareness-Kursen teil. Es finden dort auch längere sogenannte ‘Study Groups’ statt, in denen die Schülerinnen und Schüler am Leben der Farm teilnehmen.

Die erste Study Group fand in den Jahren 1972-73 statt und dauerte neuen Monate. Während des Winters wurde in Mexico gearbeitet, im Frühjahr auf der Green Gulch Farm in Kalifornien und im Sommer dann auf Monhegan Island in Maine. Ausser während der Reise zwischen diesen Orten wurde fast jeden Tag gearbeitet, auch als Charlotte nach einem schweren Autounfall mit einer gebrochenen Hüfte auf Monhegan ankam und auf einer Bahre zum Unterricht getragen werden musste.

Spätere Study Groups waren kürzer, doch finden sie immer noch jährlich statt und ermöglichen damit Teilnehmern aus aller Welt ein vertieftes Studium. Die meisten Schülerinnen und Schüler, denen Charlotte über die Jahre Lehrerlaubnis gegeben hat, haben solche ‘Study Groups’ besucht.7

Seitdem Charles Brooks im Sommer 1991 gestorben ist, hat oft eine andere Schülerin oder ein Schüler von Charlotte in der Study Group assistiert.

1985 wurde die ‘Sensory Awareness Leaders Guild’ (SALG) gegründet und heute wird Sensory Awareness von deren Mitgliedern nicht nur in den USA, Kanada, Mexico und Westeuropa angeboten, sondern auch in Russland, Japan und Indien.

Es scheint, dass im Weitergeben dieser Arbeit, die ‘Lehrerin’ ebensoviel oder mehr über die Möglichkeiten der Veränderung und Erneuerung lernt wie die Schülerinnen und Schüler, sei es für sich oder in Beziehung zu andern. Charlotte ist ein gutes Beispiel dafür, wird sie doch am 4. April 2001 ihren hundertsten Geburtstag feiern. Natürlich hat sie treue Schüler, die ihr in mancher Weise helfen, so wie Peter Gracey, den sie, nachdem er schon einige Jahre für sie gesorgt hatte, im Dezember 1999 heiratete. Doch trotz all dieser Hilfe ist es erstaunlich, wieviel Charlotte immer noch arbeitet. So plant sie im Frühjahr 2001 eine weitere Study Group anzubieten. Danach geht es in gewohnter Weise weiter: Europa, Monhegan Island, New York City, Kalifornien, Mexico. Sensory Awareness ist ihr Leben, und sie erfreut sich weiterhin daran diese Arbeit anzubieten, trotz Altersgebrechen, Schwerhörigkeit und immer schwächer werdenden Augen. Sie scheint auch so zu fühlen, was in ihren Schülerinnen und Schülern geschieht und schlägt Versuche vor, die ihnen zu wichtigen Entdeckungen verhelfen.

Eine Frau, die schon seit bald vierzig Jahren mit Charlotte studiert, sagte von einem kürzlich besuchten Workshop: “Ich glaube, es war der beste, den ich je mit ihr erlebt habe!” Sie wird dies vermutlich auch vom nächsten Kurs sagen.

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Ausgewähltes Bild von Robert Smith

Learning To Receive

 

hands and stonesBe it through hearing, touch, taste or seeing, when the senses are stimulated the whole organism is transformed into a feeling entity – into a sensitive entity. However, this can only happen when the mind is clear. That means not sharp. That means cleared out like when you make general cleaning and you take all the furniture out, and all the dust away and all the dirt and everything, so that the whole room becomes cleaned and open, quiet. This ‘radio in our head’ becomes silent as you let go of thoughts, and peace can come, when you are more quiet, more open in your head. That is not sleeping or dreaming – it’s like when something is really clean, so it’s free for reception. And then we have to learn to allow that what is happening inside: the beating of the heart. The coming and going of air. Not creating anything. Letting everything be as it happens and letting it change, if it changes. No expectations, no criticisms, no emotions. Just like a clear lake, very quiet.

This article is an edited excerpt from the newly published audio tape by Charlotte Selver’s July 30, 1992 class on Monhegan Island in Maine.

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How can we bring this practice into our daily lives?

By Robert Smith http://like-a-gallery.com/gallery.html
sharing circle
Creating a conscious bridge from the workshop to daily life.

At every workshop, we take some time to envision how we might bring this work home with us.

Without some conscious commitments to practice, the workshop fades and we are back in our habits and routines.

Many people find that if they just choose to pay attention during some daily activity they begin to form a ‘habit of awareness’. So how would it be for you to choose among the many things that you do each day?

Showering, brushing your teeth, drinking a beverage, waking up, eating, driving, walking the dogs, cleaning, etc.

You don’t really have to do anything special. Just notice. For example, how is breathing and your relationship to gravity?  Is there extra efforting anywhere? Can you be present for brushing your teeth, without zoning out into whatever you think you are going to do later, on any given day? If you ‘zone out’, can you notice how that is? Do you brush your teeth the same way every day?

Upon awakening, do you let yourself be supported in lying? After a bad dream, perhaps you feel distress and tightness all over, but tomorrow, you awaken relaxed and feel more of your own weight sink into your bed. Neither way is right or wrong, but how is it that you experience waking up this time? What sounds are there? What play of light and shadow and color? What textures? Is the light different in winter and in summer? How do you experience temperature against bare skin or the texture of fabric?

You are basically, calling yourself ‘here’ during this one activity that you choose and eventually, it spills out into the rest of your life some of the time. No matter how much more of you is here, there are always more possibilities for presence.

Why bother with this? Find out for yourself. Maybe being present for the simplest of tasks, opens you up to the world.

At workshops, many participants feel a deep sense of connection to themselves and everything alive around them. You have the capacity for this. You just have to remember to wake up.

 

Featured image, “Nightshade-Lichen” © Robert Smith: Visit his on-line gallery

Breathing and Full Reactivity

Breathing and Full Reactivity

By Charlotte Selver

This article is an edited excerpt from the newly published audio tape of Charlotte Selver’s July 28, 1992 class on Monhegan Island in Maine.

CharlotteWhen you have a real, full, deep relationship to breathing, then breathing will react to what you are doing. In other words, when you are jumping your breathing changes in jumping. When you are slowly going your breathing changes for the slow. When you have a hard task if you don’t hinder your breathing your breathing gives more vitality to you so that you can go into this hard task and really meet it. In other words breathing becomes your ally, is always there for you whatever you do. That it is not ‘the breathing’ – something static, something that has to be such and such. It is something which is constantly there for you, and you can feel it.

There are certain steps we go in breathing. First it is important to be able to allow breathing to have its own way, not to lead it somewhere, not to manipulate it. This in itself is already quite a task that you begin to be obedient to a function which happens in us as long as we live. I don’t know whether you have ever realized that the air is a guest. It’s not your possession. It’s a guest which comes and which goes. And it’s a guest which you need dearly. So it’s a question of to what degree your inner tissues are sensitized enough and appreciative enough that they let you exist fully. The total person, the total organism is involved in the new air coming in, being welcomed, penetrating, doing its job, and then letting go out what has been used. The exhalation is one of the most important things to have. To feel the going out of the air, allowing it go out to the very last. And not already coming in with the new air but letting it have its way.

CharlotteThe question of total reactivity is a very deep question. It has been found that every impression which we get – let me say right now you hear my voice, you hear what I say, you see that I move, you also feel that you are sitting, hopefully – everything which strikes us, our consciousness, comes first into cells in the brain. These cells act like the emulsion of a photographic plate. In the moment you hear something, or see something, or whatever, you are being impregnated. And right away, this goes from there into the entire sensory nervous system. That means you get the message – if you don’t sleep – you get the message from head to foot immediately. From there it becomes conscious, and the thought comes supported by the experience. And from there it comes to the word. But, sais Alfred Korzybski who did a lot of research on this, all this can only happen when the mind is quiet. Only when the mind is quiet can this impregnation and the immediate reaction happen all through. If not, we only live from the head. If yes, we live as a total self. When the mind is quiet we become peaceful and quiet even in the fastest speed. In other words, not this sleeps, and that is awake, and this hurts, and so on, but the whole organism is tuned in for what happens.

In Zen they speak of ’empty mind’. They even speak of ‘no mind’. That means that the head is just as much – could be – as much affected as my hands or my feet or my belly or anything. The head is nothing extra which has to be watchful and constantly observe things and so on. When the head is free, free of all this packed in thoughts and needed occupations, when it is empty, it can react just as my knee, as my hands and as my feet – the total organism is awake instead of just the brain. You see this total reactivity often in animals. You see it sometimes in little children who are still unspoiled. And you can also see it in Zen masters. I always felt that Suzuki Roshi looked just like a child. He was so open, so free, so easy, so modest, so reactive. Why? Because he had no raisins in his head. He was just there for what was happening in the moment.

CharlotteHave you ever been delighted by something which happened spontaneously? I have a little cat, a little kitten. She is a wonderful teacher for me. Everything is spontaneous. It just happens. The connection, the direction between what you happen to be involved in and breathing is really like the kitten. It changes all the time in connection with what one is doing. Our work, what Elsa Gindler wanted, is like what I heard from Suzuki Roshi many times: to come back to our original nature. You have a question in Zen: “How was your face before you were born?” Nobody else in the world exists the same as you. You are special. Your original nature is different. And so you breathe in or out at certain times. Your reaction to things will come uncalled for. In other words, spontaneous. Not by teaching or whatever.

Featured image by Robert Smith

To See Without Eyes, To Hear Without Ears, To Taste Without a Mouth

By Charlotte Selver

Remarks made by Charlotte Selver in 1962 during a joint seminar with Alan Watts. This text appears in our new Bulletin Charlotte Selver. Vol I, collected writings.

When we do not function naturally anymore but instead use our senses, we do something. We do something in seeing, we do something in smelling, we do something in hearing and tasting. Actually, this is how we are educated. When the mother says to the child, ‘Doesn’t this taste good!’ (lipsmacking sounds) or ‘Listen to the airplane!’ (looking up strenuously), etc., etc. – this mother, with the best will in the world, begins to disorient and distort the sense perception of the infant. And this distortion is increased when educators force a child to answer immediately and as correctly as possible. Much pressure is put upon the child to respond as people want him to. We come into the world and soon learn to feel we always should be doing something instead of simply being open for what presents itself at the moment. You may understand now how important it is that we learn to give up this doing. But how can one bring this under the skin of a person?

It is not so easy. For the organism has become accustomed to this ‘doing’ while perceiving and has built up effortful habits which block this very openness. This is one of the ways we create resistance within ourselves to the organism’s very own ways of functioning. Let me mention just a few of such natural functions: breathing; circulation, digestion, organic functioning, movability and soon. We usually call these hindering manifestations ‘tensions’ or ‘strain’. It often goes so far that we become numb in such blocked regions, or that pains develop.

Sometimes you see in the circus a man with overdeveloped biceps who throws a sharp knife at his arm. The knife strikes and jumps back. In other words, it does not penetrate. Now imagine that we become aware of such restrictions which come from hard effort. We say: ‘Oh, I am working too hard. I am making too much effort. I have to let go. This is the answer: I have to let go!’ We call it relaxing. So we let go, if we can. But it isn’t done by just letting go. We often let go too much. We not only give up the unnecessary doings, but also the very necessary healthy tensions, our vitality which we dearly need in living. We become limp, lifeless, heavy. And this is often worse than before, when inner restrictions were still there.

In such a lifeless condition the fine self-directing and renewing process of the organism cannot start up because we have given up too much. The change demands something quite different. As we very gradually give up the restricting tendencies, we feel how with the diminution of this inner straining and tensing the wells begin to flow and fill up the gaps. And there where restrictions hindered, gradually the life activities start filling in. And so recovery, recreation, begins to happen.

Can you go with me? Does this make sense to you? This ‘letting go’ stuff is just something which we have figured out in our minds. Because if we really would sense, really would be present in what happens, we would feel how lifeless, how depleted of energy, we have become. When one has ‘looked’ in order to see, has ‘listened’ in order to hear, has ‘sniffed’ in order to smell, has made an effort in order to think, one does not know at all that one is constantly hindering the innate capacities of the organism from coming into play.

So when I come to you with an invitation to allow more ease here or there, I do not mean that you simply let go, but that you enter a way, a path which you can only take step by step. In this work of transformation, when you follow anything at all, you follow only your sensations, the natural tendencies of the organism. And to be able to follow these inner needs we have to be awake.

There is a kind of awakeness, a boundless awakeness, in which we don’t go around and around with our thoughts, but which arises from quiet, in which we really can experience. When our mind is full of effort and thoughts, it’s like when you want to go to a lavatory and there is a sign which says ‘occupied.’ You can’t go in; it’s occupied by somebody else. The trouble is only that our mind does not say ‘occupied,’ but we press our thoughts one after another into the space which is already occupied with something else. You can see how un-fulfilling such an attitude must be.

And so when an invitation reaches you to permit the thoughts gradually to come to more rest, and you allow that, then a process can start and restore you while your efforts begin to decrease. Then your head gradually clears, and at the end you are awake and feel wonderfully released, and everything in you can function.

I would like to finish this little explanation with a remark that Elsa Gindler, my teacher, once made. When we would say: ‘Ah, I feel so marvelously light,’ or ‘Oh, I could run and do anything in the world’ – and I would say, ‘What a deep awareness!’ and ‘How one can grow with something like that!’ she said, ‘Charlotte, don’t make such a fuss. You simply function a little bit more normally.’

So what I have to offer you is nothing but that you begin to give up what is hindering you, and you become ‘a little more normal.’

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Charlotte Selver About Her Early Life and Study

By Charlotte Selver

This article is an edited excerpt from the newly published audio tape of Charlotte Selver’s December 5, 1999 class at Green Gulch Farm Zen Center.

CharlotteWhen I first came to Elsa Gindler in 1923 she had become very interested in breathing and the organism’s positive tendencies: to heal itself; to renew ; and to balance. Gindler had given up any teaching, she said: “I don’t want to teach anymore; I want to find out; I want to study. I want to discover and whoever wants to come with me, to study and discover together, is very welcome.” It was a magnificent time we all had together. The tiniest reactions and the smallest discoveries were taken very seriously. I felt fortunate to be with Gindler as she was discovering and developing her work.

When class began in the morning there was first one and a half hours work on breathing. Next, we would spend time with inner functioning as it related to how we moved. Then, we would explore how we dealt with bigger questions: how we go into difficult tasks in daily life; how we approach other people; how we get in touch with them; how we speak to them; how we help a person to rest more, or to become more vivid, or to become more balanced. Gindler had a very deep interest in how we acted in moments of stress. These possibilities were endless. We worked on each other, with each other and alone. We could work the entire day on one activity, be it in class or on our own. It was a deeply human study that embraced everything a human being could do.

When I was a child my whole life was music. I was eleven years old when my parents gave me a grand piano. I was all the time sitting at it and playing. Every Wednesday, my piano teacher came to the house. My father would come home early from business and join us in the music room. Part of my lesson was hearing the teacher play the beginning of different pieces for me to tell him the name of the piece and the composer. Toward the end of the lesson, father would ask the teacher to play for us. It was always a festival for me to have these music lessons, see my father listen to me and hear the teacher play.

This was the only enjoyable event in the house of my parents. My mother was a dragon; activities were either forbidden or allowed. To be able to do something out of one’s hearts desire didn’t exist. Mother said “yes” or “no” and we acted accordingly. I spent much of my growing up alone because my sister and I were very different. She loved being involved with homemaking. I preferred to be removed from these things and found excuses to be away. I did many things my mother did not approve of and learned to lie to get my way. Everything was a lie. I lied from morning ’til evening. Soon, I didn’t know truth.

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“You must move!”: Bode Gymnastik in the 1920’s

There was always this war going on at home. Playing the piano was my only solace. I hardly ever moved and I ate constantly. I became very heavy.

I had a cousin who was a dancer. One day she exclaimed: “Charlotte, do you know how you look? You cannot go out looking so heavy, you must do something for yourself. You must move!” I didn’t want to “move” but I found an activity that connected music with physical activity. Dr. Rudolph Bode had a system whereby he played the piano and the students moved according to the music being played. I enroled in his school.

Although Dr. Bode considered me completely ungifted I completed my studies after two years and started to teach Bode Gymnastik. One of Bode’s senior students, Hinrich Medau, said to me: “Let’s go and conquer Berlin.” This was a time when everybody wanted to study movement and in no time did we had a lot of students.

During this time, I also met Elsa Gindler and began studying with her. In the beginning it was all just wonderful but after some time I realized that all my movements were artificial; that everything I did was not heartfelt. I had a terrible time when I began to feel my own falsehood, my own deafness in movement. All I had learned so far was not me and it took a long time before I began to understand more of what Gindler’s intentions were and what true movement, what honesty was. I came out of my web of lying. This was a very, very important time for me.

Being Fully Present

By Charlotte Selver

This article is an edited excerpt from a CD of Charlotte Selver’s August 16, 2001 class on Monhegan Island, Maine.
The full sensing experiment is available on CD at: Books and CDs

In every moment of our living we can notice something new. We can be present. Being present is not thinking about something, it is just being there for what is happening.

It seems that we are usually sound asleep. And it happens at times that we wake up from this sleep – for example during a Sensory Awareness class on Monhegan – and we feel so fabulously awake, we are just delighted. Why are we so surprised? Being awake may be just natural! Being there for what one is doing is rather unknown to people, usually, but coming to life and coming to presence is a wonderful possibility which everybody has in himself or herself – from moment to moment to moment.

We are often very habit-bound and the question is: Do we change or do we always fall back into the old? This is very, very important! Do I want to be this old, habitual person all my life? Or do I want to be fresh out of the oven so that when someone will eat me, his teeth will crack under the freshness? We need to distinguish the newness of something from the stale so that everything you do can be entered freshly and not be habit-bound. It could be very interesting for you to find out what the difference is. Giving up habits and becoming fresh bread – fresh anything, you can replace the bread with anything you do. Every moment can be fresh and every moment can be degraded into habitual ways of living. It means business, of course. It is not in your head. It is in every nerve of our nervous system. When you would allow life to be a fresh roll, it could become very interesting. I predict that.

Have you ever watched a dog running after a stick? You throw a stick and the dog runs and brings it back to you. Your throw it again, the dog runs after it and brings it back again. Dogs never seem to get tired of it. No matter how often you do it, the dog is always there to get the stick. How about us? We are not even half a dog! This wonderful freshness of perception, of reaction, would be a very great gift to take home with you from Monhegan. But then you have to cultivate it, not forget it and say, “Oh, next year in Monhegan.” It has nothing to do with Monhegan!

Charlotte with Johanna Pfeiffer in Prien, Germany

One of my students gave me a beautiful book about a Rabbi. There was a young man who wanted to visit this Rabbi and the Rabbi said he could visit him but he would have to not eat or drink anything on the way. It was a long way this young man was supposed to go in order to meet the Rabbi. He had to go through a desert. It was very hot. He finally came upon a place where there was water coming out of the rock and he ran to the water. But then he remembered the Rabbi had said he should not drink anything and so he went on. And he came to another place where the water was running and he was so very thirsty but he could not drink. At last he came to the house of the Rabbi. When the Rabbi saw him, he shouted: “Go away! Do not enter my house! You have not done what I asked you to do. You wanted to drink when I told you not to!” So the poor man had to go the entire way back and start out again.

This story has followed me a great deal in my working. To what extent does a person take seriously what she does or is asked to do? To what extent is she looking right and left to get away from what is asked of her? Or does she go her way in spite of all the temptations? This has been very helpful to me in my life. The possibility to go my way in spite of all temptations, right and left, and always following the trail – this is something for all of us to become aware of. When you see all the temptations and you feel them, do you want to follow your temptations or will you, in spite of all the temptations, go your way to the place where you are supposed to go? Can you honor the temptations but not become a target for them?

Featured image by Robert Smith

Breath and Heartbeat

By Charlotte Selver

This article is based on an excerpt from the newly published audio tape of Charlotte Selver’s August 13, 2001 class on Monhegan Island, Maine.

Curtain blowing in windowJust as our heart beats, breathing can happen without effort, without being directed. The air exchange happens all by itself. When the exhalation wants to become deeper, let it become deeper. Don’t direct it. Even the slightest attempt to breathe is unnecessary. It happens by itself.

Do you feel your heart beat right now? You may want to use one of your hands to feel it. You don’t have to tell your heart “beat.” It beats by itself. Wonderful! My heart beats! Enjoy it! Here it is, a sign of life. You have no duty, it beats anyhow.

You can even feel how it’s easiest for your heart to beat just by being peaceful, feeling the natural movements of your own heart which you don’t create. How do you have to sit, for example? Where is it easiest for your heart to beat? Some people slump and that’s not easiest. Some people straighten up, and that’s not easiest. Where is it easiest for you? Just you. This one person in the world which is you.

In the same way, you could be permissive to breathing. As I look out the window right now I can see a tiny breeze outside. Perhaps one or the other of you can see the fine way in which the breeze moves the curtain. The muscles inside are like that curtain, if you permit it. Like the curtain is moved by the wind, so we are moved inside by our breathing, without doing anything for it. If you gently give up doing it, you will experience that it comes all by itself. We should not be the educators of breathing. Breathing should teach us how it wants to be – without our admonishing it.

There is this wonderful nervous system which we all have, from our foot soles up to the top of our head. Everywhere it feels. You can feel whether here or there your breathing is going on, without your doing. Or, as Elsa Gindler would say: “Don’t hinder it.” When you don’t do it and don’t hinder it you will feel what happens. Something is going on. From moment to moment, whether you are asleep or awake, there it is. So you don’t have to worry about breathing. Who enjoys the idea? No worry! Breath and heartbeat. There they are, and you feel there is something happening – beating in me and living and doing something in me. And I don’t do it.

I would suggest when you wake up in the morning that you don’t jump out of bed right away. Lie there for a little while as you move from sleeping to being awake and feel how breathing goes. You can learn a lot from it. And you can feel also when you are doing breathing. Many people have learned to do breathing. It’s terrible. It’s as though we spit creation in the face. Breathing goes all by itself, no matter what we are doing.

I remember one time in class with Elsa Gindler we worked very quietly, and I fell asleep. I woke up and I thought, “Oh, I fell asleep.” And my next thought was, “Nobody could see it.” I had my eyes closed. But when I opened my eyes there stood Elsa Gindler right next to me and she asked, “Was it good?” That was a great moment. I will never forget that.

Without us knowing, breathing goes on and on. Thank God! You can hinder, but you have to permit at least a little bit of it. When you do too much, you become unnatural; when you do too little, you become stingy. You can feel for yourself what you need, and just allow it. You trust your own feeling. You might feel that you have always denied breathing, that you have always hindered it. Many children, when they are afraid of their parents, don’t dare to breathe, really. They don’t know it, but they hinder breathing.

You can feel the slightest bit of unnaturalness when you do breathing, even just a tiny bit. I warn everybody who wants to work on breathing to give up these ideas of how breathing happens – just be very quiet and feel what happens by itself. Feel where inside you can feel it, when you are not ambitious, where every little bit of this fine movement, which keeps us alive, can be felt. You can’t be sensitive enough for this. We often don’t feel spontaneous breathing because it is very gentle and comes without any ambition.

And so it goes on from moment to moment to moment to moment, as you see, for more than a hundred years. There is nothing that has to be done. You only have to feel whether air is going through you. Do I let it? Do I close the doors or do I let my inner doors stay passable, open? Even the slightest inner movement of air exchange can be felt. And nobody has a duty. Be sure not to watch, just be peacefully open for what happens.

Has anybody been at the birth of a child? Everybody is waiting. The baby comes out of the mother and then somebody shouts, “It breathes!” And it didn’t know at all what breathing was, you know. It just happened anyway.

What I hope you will learn is giving up exercises and becoming more natural. Whatever you do, don’t make an exercise out of it but allow it in its own juiciness. Your heart is beating, your breathing is going without you doing it, thank God. Be there for it – in your natural self, not as an exercise. With this constant exercising, one degrades oneself, one degrades one’s possibility. But being there for something is something other than exercising something. Feel how your heart is beating right now and your breath is going right now, when you are not trying to influence it, when you allow it to have its own way of reacting.

As far as I am concerned every moment is a new moment, and I don’t exercise it, no matter how long something takes. One can feel when something comes by itself, naturally, and when it is induced, when one does do something to make it be such and such. Allow things to become more spontaneous. Being new, be there for it. This is sensory awareness work. It’s supposed to prepare us for life, not for exercises.

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Gravity, Energy, and the Support of the Ground

By Charlotte Selver

The following text is an edited excerpt from the newly published audio tape Coming Back to Experiencing, recorded in Santa Barbara, CA, on April 2, 2000.

I would like to speak about the main natural forces we are exposed to as we live on this planet. There is this force of gravity. Gravity is a very attractive force, and everybody is constantly exposed to its influence. The pull of this force makes us all stay on the ground. It even tries to pull us under the ground. But fortunately there is another force in us which does not permit that. That is energy. Each of us is able to allow energy to counteract the pull of gravity. So this would be the second very, very important force there is, to which we are constantly exposed. And then, of course, this energy manifests as breathing too. The possibility of constantly getting new air – can you feel it right now as you are reading? Are you open for this possibility of the energy source breathing to go through you or are you collapsing? Are you open to this coming and going of air and the possibility – whether we sit, or stand, or lie – to allow this exchange of air through us?

The third very important force, which we constantly are exposed to, is the support of the ground. That means, as you are sitting right now, there is something under you which supports you. Can you feel it? It is very solid and reliable; it is there at all times supporting us – the support underneath your feet, underneath your whole self, when you are lying, underneath your behind when you are sitting. You cannot go wrong trusting this support. Are you enjoying it? How wonderful that is!

Gravity, the support which the ground gives you, and energy – can you really experience these three forces?

– Can you feel that there is always something which invites you down?

– Can you feel something going through you which gives you the strength to stay upright?

– Is there really something which offers itself under you?

You may feel how easy it would be for gravity to become overwhelming, pulling you down to the ground and how the earth even wants to swallow you. But no, there is something under you which supports you – and something inside you which reconditions you from moment to moment.

Could you be open in your bones and other tissues for that which supports you? Be grateful for that support – grateful in every cell, grateful in your skin, and in your bones!

Can you feel the air which goes through you? Can you feel how it comes into you and how it goes out of you? Could you become sensitive in your muscles and skin and all tissues for the air which goes through you and leaves you? Are your tissues awake enough to let the air through and receive what is needed and let out what needs to go out? Can more and more of your inner be open for this wonderful process? We call it breathing.

To talk about these forces is quite dangerous. We have to be very careful not to follow ideas about gravity, energy, and the support of the floor. In German the word for ‘learning by heart’ is ‘auswendig lernen.’ The literal translation is something like ‘learning from the outside.’ But to learn by feeling from inside is completely different (Unlike the German, the English expression ‘learning by heart’ seems to encourage that. slg). It is important that we give this learning from inside a chance. When you feel what is, what occurs, what calls on you, your sensations, then you are in touch with life, which is always better, always deeper, always new. Wanting to know something is usually outside. Real experience is always surprising, is nothing which you know beforehand. And there is a difference between talking it – speaking from direct experience – and talking about it. When we speak about something we are not in it. It is important to feel what we say. Very much of our daily living is not experiencing, is not this warm-blooded being there for what we are doing.

As old as I am, all these moments of a new reality, of a new experiencing make everything so alive and full. I feel how it affects me when I’m only in my head, with my thoughts, and when I really feel in my tissues, in my nerves, in my bones. When I am really sensitive from moment to moment I live a completely different life.

Featured image by Robert Smith

Natural or Performed?

Natural or Performed?

By Charlotte Selver

This article is based on an excerpt from the newly published audio tape of Charlotte Selver’s August 3, 2001 class on Monhegan Island, Maine.

It is very interesting to find out how life is when we are more spontaneous, and when we don’t embellish anything. What happens when we don’t repeat ourselves and say “this is right and this is wrong”, but simply feel in the course of momentary living? At first we may notice that even when we don’t try to be good, even when we just let things have their own way, that we still have this tendency to perform. Could we gradually give this up and let the true person comes out? Can we feel what is really, honestly, happening?

It is very helpful not to judge, just to allow, feel, and see what effect something has. This is true not just in class, but in everything we do. Whether you are with your friends or enemies, or at your job, it is very important to begin to discriminate between that which comes naturally and that which is performed and then to choose what comes naturally.

It is important, however, that we don’t watch from our heads but that we feel throughout. We have feeling nerves everywhere but very many of us watch mostly from our heads. I wish we could gradually become conscious of it and trust our ability to sense from head to toe.

If you were a tight rope walker high up on a suspended rope, how much sensitivity would you need for the next step forward, the next step backward?

Usually, we swallow our sensations as though they are not existing. And yet there is this possibility to sense – as you know, the whole work we are doing is called sensory awareness, awareness of the senses. That doesn’t mean that the mind tells the senses, “Be good,” but the senses, in themselves, are able to feel and discriminate. It is very interesting to realize that we can notice even the slightest lack of air in a room. When we notice that, we open a window. Who knows what I mean? In the same way, when we notice that there is not enough sensitivity in ourselves, we open our inner windows, so that we feel more.

This possibility to feel more can be exceedingly helpful to us, because then we can feel what feels good to us, what we are afraid of, what we withdraw from, where we hold back, where we give ourselves fully. This can be a great teacher in life and I would suggest that you find out about it. For instance, when you go away from here, from the school house, every stone on the road can tell you a story. It’s very nice to walk on the stones and to let them help you to wake up. And you would hopefully not complain and wonder: “Why is this road not smooth and even? Why is the road not parquet?” No, it is as it is! And you respond to it, and hopefully your response is spontaneous rather than directed.

Even if you do the greatest nonsense spontaneously, it’s much better than directing yourself. But the important thing is to find the middle way: to be personal, spontaneous, and at the same time not oppressive. It would be very beautiful to be awake enough – not watching, but being there – for what you notice of yourself and of the other, and then to respond from that experience.

From “Zen and Psychoanalysis” to Barra de Navidad

From “Zen and Psychoanalysis” to Barra de Navidad

SLG: I was hoping that you would tell me a little bit about your work in Mexico. How it came about and – also how you discovered Barra.

CS: I don’t remember the year in which Erich Fromm and Daisetz Suzuki, the old scientist of Buddhism, had together a seminar in Cuernavaca, Mexico, which a great deal of psychotherapists attended*. At that time Erich Fromm was very interested in Sensory Awareness and he invited me to join him and give a talk about our work. So, I went to Mexico and it was for me a very significant and beautiful occasion. The relationship between Erich from Daisetz Suzuki was a very beautiful and close one. Erich Fromm felt of Daisetz Suzuki as the wise father of knowing.

For me, a great moment in the conference was when Erich Fromm began to explain what he wanted to offer during this time and then gave the word to Daisetz Suzuki. Suzuki was at that time already near eighty and had spent his entire life digging deeply into Buddhist knowledge and Buddhist beliefs. He raised his eyes to the audience and said: “I want to introduce myself. I am a student of Zen.“ – after which all the doctors and professors [who had previously introduced themselves with all their titles and credentials] nearly crawled under their chairs with shame. As they so proudly sat there in the audience . . . “I’m a student of Zen.” I will never forget this. This is very similar to what Elsa Gindler meant when she said, “I want not to teach, I want to find out, and want to go as deep as possible into the forces which move the human being.” I was greatly impressed by this statement. It’s also very similar to that what Shunriu Suzuki said in the book titled:Zen Mind – Beginners Mind. So, we all are in the same boat.

I was asked to give a lecture [at this conference] and I did so with the help of slides. The conference attendees were very interested. After the lecture two leading psychiatrists in Mexico, Dr. Dias and Dr. Chavez asked me if I would be willing to give a longer course in Mexico. This then later on took place. I don’t know whether I should mention my own attempts at speaking Spanish. It was very difficult for me because I thought, “All the Mexican people. How can I possibly work with them, not being able to speak Spanish? So, I took a dictionary and wanted at least to know with what I would work [in the first session]. I looked into the dictionary and found the word for forehead, eyes, nose, cheeks, mouth, lips, chin. All the psychologists were lying on the floor and I began to ask questions . . . . Silence. I was very impressed with their attention. At last, when I came to the chin – there was still a deadly silence – suddenly Dr. Diaz sat up and he asked: “What did you say?” (Laughs) [This is when I] realized nobody had understood my Spanish and that everybody could speak English. (More laughter). After that everything went beautifully and until today the psychologists and psychiatrists either come or send their patients to my courses in Mexico.

When I gave this first course in Mexico we worked always Tuesday, Wednesday, and Thursday. And then there was a pause until the next week. And I was invited by one of the patients of Dr. Chavez to live in a very beautiful and sumptuous house in Mexico City. I was also permitted to bring four friends with me, who also were invited to live there. This was the first time that I brought Charles Brooks with me who was one of my students. And there was also a torch singer, a very fabulous woman. So we were living in this house; we were beautifully take care of; we eat there; everything was just unbelievably sumptuous and beautiful. But that was only the first time. Later I rented my own place and a room for working. This was very extraordinary, this first time and the connection with these psychiatrist and their relatives has been very warm and very deeply appreciative during all these years – until today.

SLG: So, and then one year you traveled with Charles through Mexico.

CS: Yeah. We traveled through the big, big valley of Mexico. And suddenly we saw a very elegant new truck with a sign on the side: “Barra de Navidad. The Côte d’Azur of Mexico.” Charles saw the sign first and said, “What, Barra de Navidad, The Côte d’Azur of Mexico? Let’s go!” So, we went long, long ways traveling with our little Volkswagen through Mexico and came at last to a river. There were a number of boats, no bridge, nothing. And there were also two or three boats over which wooden planks were laid, where one could go with one’s little car on one of these boats. And Charles rolled his trousers up to his hips and waded through this very unusually stony river. And always, when he found a little more of a passage, he would give us a sign that we could come. In other words he was the guide. When we landed on the other shore we went a little bit further and finally came to Barra de Navidad, the Côte d’Azur of Mexico. (Laughter)

I can’t tell you how it looked. The cows were on the beach; and the dogs were chasing the cows over the beach; and not a single person. There was absolutely nothing except for a place where we could have a drink, and where we took quite some drinks, I remember. The only other guests were a Scottish man who sat silently with his drink and a nurse tried to win his attention. (Stefan laughs) The man who owned this restaurant was a lover of Spain and behaved like a Spanish Grande: Always when I came he kissed my hand and bowed deeply. I was anything but the Côte d’Azur of Mexico (laughs). Of course we were the sensation of the place. But it was so inviting – and the man who owned this place was also so inviting. So I said: “For the next Study Group we could come to Barra de Navidad – the Côte d’Azur of Mexico. (Laughter)

SLG: You probably don’t remember what year that was.

CS: No, I don’t. But I could – I could probably dig it out. In any case: The owner of this place loved to sing. He had a beautiful voice and he always wanted the most lovely girls to sit on his knees. He always sang and made music between our Study Group sessions. It was a hilarious time. The people who were mainly fishermen were speechless. They couldn’t believe that such a thing as we existed. It was one of the most hilarious Study Groups I ever gave.

SLG: I ‘m trying to imagine how much this place must have changed since you were first here.

CS: Yeah. It was really a fisherman place. But now it’s unfortunately becoming more and more of a resort.

* Seminar with Erich Fromm and D. T. Suzuki: Zen and Psychoanalysis, held in Cuernavaca, Mexico, 1957.

The Wonders of the Organism

The Wonders of the Organism

By Charlotte Selver

We don’t need to watch; we simply could be awake. The moment we watch ourselves, we split ourselves in two.

Editor’s note: This is a transcribed excerpt from one of Charlotte’s classes in which she speaks about the natural, spontaneous nature of change within ourselves.

The change from insensitive to becoming sensitized is one of the wonders of the organism. In the moment in which our sensory attention is aroused, changes happen in us. So that at the moment when one might feel, “1’m pressing here, ” it might change by itself, or when one might feel, “I’m too drowsy here”, it might wake up.

As students in Elsa Gindler’s classes we spent many months every day in allowing just that. She would ask, “Is there anything where you suppose your head is? Do you feel anything there?” Or, “Is there anything feel-able in the region of your pelvis? Is there anything going on there? ” And the question would sink in without that we had to make an effort to focus anywhere. We were just there and we could hear it. That means all our molecules can hear it. And when this happens then something begins to make itself on its way. That’s the riddle. That’s the mystery. That’s the possibility which everybody has. That’s, in other words, sensing. Now, when you have been Jumping {the class has recently spent many minutes exploring jumping}, I ask, “Can you feel how the impact of what you have been doing continues in you? In which way it continues, and what happened?” Who noticed that I didn’t ask you if the impact of your jumping continues in your arms or your legs or your other parts, but in you?

So what you are doing might influence you everywhere-not Just where you do it. When something opens somewhere, the need for opening in another area may be strong enough so that it also opens. If we are only sensitive in one area we could eternally work on opening here, opening there, opening another place. When I’m concentrated on one region instead of being both sensitized and changeable everywhere, the hunger for more freedom where it isn’t free is frustrated very much. (I like to say that when one child gets an apple the other children want also to get an apple, and they begin to complain when they don’t get one,) But in the moment in which permissiveness is allowed everywhere we feel something of the self-adjustment of the organism which we hinder when we are too much concentrated on one spot.

This whole question is very much bound with wishful thinking, You know, very often after we have felt an astonishing change, our imagination becomes active, and we begin to feel to think we feel reactions. We get our hopes up for more. “How is it here?” we ask ourselves. “‘How is it there?” When one isn’t quite innocent anymore, when the sensations don’t come by surprise, somehow watching comes in, wishes come in, and we distract ourselves with wanting more than nature offers us at that moment.

Now the art is not to watch it. Not to try to feel it but just to be there in it. You can’t be in a higher state of being than to be there for something. In other words you are not thinking about it, you are not watching it. You don’t even make an effort to feel it because every one of these things will diminish your possibility to sense, to get impressions.

Most of us are still under the influence of an education in which we were constantly watched, and watching, and judging was constantly asked from us. It was asked by our parents, and it was asked by our teachers, but they didn’t understand what the organism actually is.

We have very much more endowment for being aware, for being alert, than most people realize. I must admit it is not easy to know the difference between letting something be conscious and watching it. And it doesn’t come by trying to get it. It will only come if we are hungry for it. We don’t need to watch; we simply could be awake. The moment we watch ourselves, we split ourselves in two.